Der Frankfurter Soziologe Dieter Prokop meint, dass man die Krisen der EU besser versteht, wenn man sie im Zusammenhang mit den Institutionen und Grundproblemen der EU betrachtet und untersucht, wie die Krisen einander bedingen. Prokops Thesen: Die Einfuhrung des Euro hatte die Schuldenkrise, vor allem die Griechenlandkrise zur Folge, die wiederum Rettungsmassnahmen zur Erhaltung des Euro notwendig machte: . Also versteht man den Rettungsschirm und die Austeritatspolitik nur, wenn man die Problematik einer zentralen Wahrung von Staaten mit hochst unterschiedlichen okonomischen, politischen, gesellschaftlichen Strukturen kennt. Die Austeritatspolitik und die Strukturreform-Auflagen gegenuber Griechenland haben wiederum dazu gefuhrt, dass Griechenland keine Moglichkeit zum Schutz der Schengen-Aussengrenze (und kein Interesse hieran) hatte und illegal Eingereiste durchreisen liess. Also versteht man das Durchwinken der Fluchtlinge nach Ungarn, Osterreich, Deutschland, Schweden etc. nur, wenn man die Politik der Strukturreform-Auflagen beurteilen kann. Und die Brexit-Krise versteht man nur, wenn man die Subsidiaritats-Debatte, die Forderung nach mehr Demokratie und Selbstbestimmung wahrnimmt. sei es in der EU oder, nach dem Brexit, eben ausserhalb der EU. Und wenn man diese Forderung von fremdenfeindlichem Nationalismus zu unterscheiden weiss. Ebenso legt Prokop dar, dass man die Fluchtlingskrise falsch versteht, wenn man sie ausschliesslich als Fluchtlingskrise betrachtet. Die Willkommenskultur war auch ein Mittel, um angesichts der Forderungen Frankreichs und der Euro-Sudstaaten nach einer verstarkten Integration die deutsche Verhandlungsposition zu starken: Wir, das starke Deutschland, schaffen das! Der deutsche Umgang mit der Fluchtlingskrise war, so legt Prokop dar, auch ein Spielzug im Pokerspiel um die Fuhrungsmacht in der Europaischen Union.