Getrennt so nah Berlin-Ost 1965: Die Fotografin Silvia, mit einer kirchlichen Reisegruppe aus Westdeutschland angereist, lernt die kunstlerisch begabte Agnes kennen, die aus politischen Grunden im Gefangnis sass und deren Grossfamilie wegen ihres christlichen Bekenntnisses Repressalien ausgesetzt ist. Uber Jahrzehnte hinweg entwickelt sich eine schwierige Frauenfreundschaft, die sich in Licht und Schatten bewahren muss. Im wechselseitigen Verstehen und Missverstehen mussen beide Frauen auch ihre jeweils eigene Position in Frage stellen, und sie erkennen, was sie trennt und was sie wirklich vereint. Dank ihrer scharf beobachteten Details bietet diese Erzahlung zugleich - aus ungewohnter Perspektive - ein kontrastreiches Bild deutsch-deutschen Lebens im Vierteljahrhundert vor der Wiedervereinigung. Der Buchtitel reflektiert das Grundthema der Verbundenheit uber politische Grenzen und personliche Differenzen hinweg. Von etlichen seit 1989 erschienenen Romanen wie etwa Der Turm von Uwe Tellkamp oder Nicolaikirche von Erich Loest unterscheidet sich Getrennt so nah durch den Blick von West nach Ost und durch die christliche Perspektive. Der Roman tragt der Tatsache Rechnung, dass personliche Beziehungen zwischen Familien in West und Ost oftmals uber kirchliche Verbindungen und kirchlich organisierte Reisen angebahnt wurden. Diese besondere Art des westostlichen Austauschs, der Kommunikation, aber auch der Streitkultur und des Missverstehens ist bisher kaum literarisch verarbeitet worden; ihre Schilderung durfte bei vielen Leserinnen und Lesern Wiedererkennungseffekte auslosen und auch diejenigen interessieren, die die Zeit der Ostpakete mit der Aufschrift Geschenksendung, keine Handelsware und der tranenreichen Abschiede am Berliner Grenzubergang Friedrichstrasse nicht selbst erlebt haben.